Die Schulschließungen aufgrund der COVID-19 Pandemie haben gezeigt, welche Missstände in den Bildungssystemen aller Bundesländer existieren. Jedoch wurde durch Corona ebenfalls anschaulich dargestellt, dass die Schule auch einen sozialen Raum für alle am Schulleben beteiligten Personen darstellt und die geistige und soziale Entwicklung einer Schülerin oder eines Schülers Ziel von guter Bildung sein muss.
Für die Zeit nach der COVID-19-Pandemie bedarf es dringend einer grundlegenden Veränderung des Verständnisses von Bildung, des Lernens, sowie einer neuen Zielsetzung im Bildungssektor. Dabei gilt es auch zeitgleich die digitale Infrastruktur stetig zu optimieren. Bei dieser Zielsetzung muss der Fokus auf einem sinnvollen Kompetenzerwerb des Einzelnen liegen.
Durch praktischen Unterricht, wie längere Projekte des Upcyclings, können Kompetenzen vermittelt werden und Erkenntnisse in Themenbereichen wie Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), Medien, Technik usw. dazugewonnen werden. Es ist ebenfalls notwendig, dass dadurch Schule mehr zum Gemeinschaftsraum wird, in welchem soziale Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler entwickelt werden können, die im Werdegang mehr Vorteile bringen werden als das weitverbreitete “Bulimielernen”.
Dabei darf jedoch das Schulgebäude selbst und dessen Ausstattung, welche mindestens ebenso wichtige Faktoren sind und den Lernerfolg im Unterricht beeinflussen können, nicht vernachlässigt werden. Die Bundesschülerkonferenz stellt jedoch leider fest, dass es fast zum Standard geworden ist, dass sich Schulgebäude in maroden Zuständen befinden, Räume veraltet eingerichtet sind und unzeitgemäße technische Ausstattung vorherrschend ist – all das ohne Muße zu Änderungen. Schülerinnen und Schüler sehen dringenden Bedarf bei der Änderung dieses unumgänglichen und nicht tolerierbaren Zustands.
Aus diesem Grund sind nachhaltige Finanzierungsmöglichkeiten und Maßnahmen für den Aufbau und die Instandhaltung von Schulgebäuden und Klassenräumen unabdingbar. Nur so ist es möglich, dass der Lernort Schule zu einer Umgebung wird, welcher einen positiven Einfluss auf den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler hat. Die Bundesschülerkonferenz ist sich dabei bewusst, dass hier der Handlungsbedarf besonders auf die Schulträger fällt.
Neben möglichen finanziellen Förderungen müssen in den einzelnen Bundesländern Konzepte erarbeitet werden, welche die individuelle Aufrüstung von Schulen in der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ermöglichen. Dabei existieren keine pauschalen Einheitslösungen. Deshalb ist auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen.
Schule muss dabei der Anforderung gerecht werden ein Ort zu sein, an dem Schülerinnen und Schüler nicht nur Fakten vermittelt bekommen, sondern auch Kernkompetenzen wie Selbstorganisation, Respekt oder Grundregeln für ein faires, soziales Miteinander erlernen. Dabei muss kreativer, handwerklicher und fächerübergreifender gearbeitet werden, um so Schlüsselqualifikationen mit Freude und Wissbegier zu erlernen. Der Fall, dass Schülerinnen und Schüler die Schule als einen Ort sehen, der ihnen das Gefühl vermittelt für ihre Zukunft nichts zu lernen, muss durch den Wandel unseres Bildungssystems vermieden werden. Bei dessen Besuch darf nicht das Gefühl entstehen, sie können keine Motivation aufbringen oder sie würden durch regelmäßige Misserfolge demotiviert. Chancengleichheit und individuelle Betreuung bzw. Förderung sollten dabei selbstverständlich sein.
Es muss zwingend das Ziel des Schulträgers, des Landes sowie auch des Bundes sein, moderne Schulen und zukunftsorientierten Unterricht dauerhaft zu ermöglichen, um den Schülerinnen und Schülern eine möglichst optimale Lernumgebung zu schaffen.
Digitale Schule
Der unzureichende Fortschritt in der Digitalisierung, in der Medienkompetenz und insbesondere die dafür benötigte Infrastruktur, die sich in der Bundesrepublik wiederfinden lassen, sind flächendeckende und bundesweite Probleme, welche viele Bereiche der Gesellschaft betreffen. Im Bereich der Bildung äußern sich diese Defizite in bürokratischen Abläufen und in einem Unterricht, welcher weder die Möglichkeiten von digitalen Geräten nutzt noch Kompetenzen vermittelt, sich in einer digitalen Welt zurecht zu finden.
Aus der Sicht der Bundesschülerkonferenz müssen Schulen digitaler werden! Die COVID-19-Pandemie hat den Fortschritt der Digitalisierung an Schulen in rasender Geschwindigkeit vorangetrieben. Die gewonnen Erkenntnisse dürfen dabei nicht verloren gehen, sondern müssen eingesetzt werden, um unsere Schulen umzugestalten.
Der Kompetenzerwerb im Bereich digitaler Medien muss dabei einen sinnvollen Umgang mit diesen zum Ziel haben. “Je mehr, desto besser” ist hierbei keine sinnvolle Divise. Der Fokus muss auch hier auf einer praxisorientierten und kompetenzfördernden Einbindung in den Unterricht liegen. Konkret verstehen wir darunter, dass jeder die Vorteile der vielfältigen Arbeitsweisen mit digitalen Medien kennenlernt, gleichzeitig aber auch über die vielfältigen Gefahren durch diese aufgeklärt wird. Unser Ziel ist es, dass digitale Medien vom Fremdkörper zum bewusst genutzten Arbeitsmittel werden.
Der Einsatz von digitalen Lernplattformen ist unter Beachtung dessen begrüßenswert und gilt es weiter auszubauen. Der Bildungsföderalismus darf hierbei jedoch kein Hindernis darstellen. Stattdessen muss ein Austausch zwischen den Kultusministerien zustande kommen, damit Konzepte nicht 16-mal neu erfunden werden müssen und funktionierende Maßnahmen oder Plattformen auch in mehreren Bundesländern umgesetzt bzw. eingesetzt werden können. Umgekehrt kann eine schwerfällige Einheitslernplattform mit datenschutzrechtlich bedenklicher, zentraler Datenspeicherung nicht das Ziel sein – landeseigene, agile Lösungen sind sinnvoller.
Die Bundesschülerkonferenz steht dem Konzept einer Schüler-ID grundsätzlich offen gegenüber, da es eine solche ID erlauben würde, den Schulwechsel bzw. die Bildungsbiographie der Schülerinnen und Schüler besser nachzuvollziehen und mit Hilfe dieser Daten könnten Studien und Erfassungen in der empirischen Bildungsforschung effizienter gestaltet werden. Bei der Schüler-ID besteht jedoch auch die Gefahr gläserne Schüler zu kreieren. Aus Sicht der Bundesschülerkonferenz muss der Datenschutz bei einer Schüler-ID prioritär und konsequent gewährleistet sein, selbst wenn dadurch die Qualität der Daten zum Beispiel für Erhebungen oder Studien abnimmt.